one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video loop, 16 Min. 30 Sek., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL, 2007/08 ©
one-channel video, 15 Min., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: THE MAD MASTERS, 2007 ©
one-channel video, 15 Min., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: THE MAD MASTERS, 2007 ©
one-channel video, 15 Min., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: THE MAD MASTERS, 2007 ©
one-channel video, 15 Min., © Sascha Pohle, Amsterdam
Sascha Pohle: THE MAD MASTERS, 2007 ©



stipendiat
sascha pohle

Doppelgänger, Look-alikes, Impersonators oder von fremden Geistern Besessene sind die Hauptdarsteller in den Filmen und Installationen von Sascha Pohle (*1972). Mit sich überlagernden Referenzen – etwa an literarische und filmische Vorlagen, an psychoanalytische und künstlerische Theorien – arbeitet Pohle über Kopie und Imitation. In seinen während seines Reisestipendiums 2007 entstandenen Videoproduktionen stehen dabei nicht der Vergleich zwischen einer originalen Figur, einem Ort, einer Situation und ihrer Nachahmung im Vordergrund, sondern die Suche nach Authentizität in der wiederholten Kopie. Ein Phänomen ­übrigens, das keineswegs erst als Symptom der neuen Mediengesellschaft auftritt: Es kursiert die Geschichte, dass Charlie Chap­lin um 1915 an einem Charlie Chaplin-Imitatorenwettbewerb teilnahm und nicht bis ins Finale kam.

Die neuen Arbeiten von Sascha Pohle werden Anfang 2010 bei
basis e.V. in Frankfurt am Main zu sehen sein.

hks Herr Pohle, Ihr Reisestipendium liegt nun schon fast eineinhalb Jahre zurück und ich würde die Gelegenheit gerne nutzen, um Sie vom Aktuellen ausgehend retrospektiv nach den Effekten des Stipendiums zu fragen: Wie sehen Sie die Stipendiumszeit heute, konnten Sie in Ihrer künstlerischen Arbeit davon profitieren und/oder gab es Unterbrechungen, Umwege, Ungeplantes, neue Themen?

pohle Ich habe mein Stipendium sehr konkret genutzt, um in Las Vegas und New York das Robert de Niro-Doppelgänger-Projekt abzuschließen, das ich im Jahr 2006 auf meiner ersten Station in Blackpool begonnen hatte. Für das Projekt, ein Video in drei Kapiteln, bin ich drei verschiedenen Robert De Niro-Doppelgängern in drei Städte gefolgt. Im Frühjahr 2007 bin ich nach Las Vegas gereist und im Herbst desselben Jahres nach New York.

Mit Hilfe des Stipendiums konnte ich effektiv in meine künstlerische Arbeit investieren, und es sind daraus zwei neue Videoarbeiten entstanden:If I were you – LAS VEGAS NEW YORK BLACKPOOL und THE MAD MASTERS. Auch konnte ich mir endlich mal eine anständige Videokamera leisten, von der ich auch auf längere Sicht hin noch profitiere. In dem Sinne konnte ich vor allem bezüglich der Aufnahmequalität in meinen Videos einen Sprung nach vorne machen.

Man kann schon sagen, dass in den letzten Jahren mein Interesse für Filme weiter zugenommen hat. Meistens beziehe ich mich in meinen Arbeiten auf Filme, adaptiere Teile daraus, oder Filme stellen in irgendeiner Form einen Ausgangspunkt dar. Auch die Thematik des Doppelgängers und das Verhältnis von Original und Kopie begleiten mich seit ungefähr zwei Jahren noch immer sehr. Zurzeit arbeite ich zum Beispiel an einem Videoprojekt mit dem Titel Reframing the artist, in der es um die Figur des Künstlers und wiederkehrende Vorstellungen über Künstler in Filmen geht.

hks Können wir zunächst über die Stipendiumsprojekte sprechen?

pohle Die drei Kapitel von If I were you unterscheiden sich im Stil und dem verwendeten Ausgangsmaterial. Der erste Teil in Las Vegas erinnert an einen Kinofilm mit seinen zwei Hauptdarstellern: ein Robert de Niro-Impersonator und eine rätselhafte Frau, begleitet von der originalen Filmmusik und als Voice-Over gelesene Taxi Driver-Drehbuchfragmente. Das zweite Kapitel, mehr dokumentarisch, impliziert den mit dem Doppelgänger verbundenen Aspekt des Unheimlichen, der hier in direkter Verbindung mit einer juristischen Klage des Schauspielers Robert de Niro gegen sein Double steht. Der dritte Teil besteht komplett aus Found-Footage-Material. Das Thema des Doppelgängers setzt sich in den drei Städten fort. Blackpool ähnelt Las Vegas und in Las Vegas ist nur die Replik der Manhattan-Skyline zu sehen, wohingegen in New York der Impersonator die ehemaligen Drehorte von Taxi Driver aufsucht, um dort jene Filmszenen wieder nachzuspielen.

Neben meinem De Niro-Projekt habe ich noch eine zweite Arbeit, The Mad Masters, in Las Vegas realisiert, die eigentlich nicht geplant war. Der Titel des dort entstandenen Videos bezieht sich auf den gleichnamigen Dokumentarfilm Les Maitres fous (1955) von Jean Rouch. In diesem handelt es sich um den Hauka, einen Voodoo ähnlichen Kult in Westafrika zwischen den zwanziger und fünfziger Jahren. Die Teilnehmer der Zeremonie begeben sich in Trance, in der sie von repräsentativen Figuren der ehemaligen Kolonialherren besessen werden.

Durch Zufall bin ich auf eine mehrtägige Celebrity Look-alike und Impersonator Convention gestoßen und es war faszinierend, die ganze Szene dieses Unterhaltungssektors näher kennen zu lernen. In diesen Tagen hat sich enorm viel Material angesammelt. Die Kamera, wie auch andere Formen von Medienrepräsentationen, sind genau die Werkzeuge, die Celebrity-Kultur produzieren, und so werden auf solch einer Convention mit den selben Mitteln neue Fiktionen nur mit anderen Darstellern geschaffen. Wie in einer Parallelwelt können Bedürfnisse nach Berühmtheit und Anerkennung auch von den Nicht-Teilhabern der wirklichen Celebrity-Kultur ausgelebt werden. Dass es sich dabei jedoch selbst wieder um eine Industrie und um ein in sich geschlossenes System handelt, in der es so gut wie keine Berührungspunkte mit den ersten Originalen gibt, macht vielleicht das Tragikomische daran aus. Das ganze Spektakel hat mich sehr angezogen und ich bin selbst Opfer meiner eigenen Projektion geworden. Während des Filmens befand ich mich in einer Form von Besessenheit oder in einem tranceartigen Zustand, als ich durch den Sucher meiner Videokamera auf Jack Nicholson, Paris Hilton, Cher und viele andere schaute. Dies führte dazu, dass ich teilweise selbst die Erinnerung an das Original verloren habe und die Kopie nun für mich realer erschien als ihr Original. Tatsächlich haben mir auch einige Look-alikes, wie zum Beispiel ein George Clooney, ihre Erfahrungen mit Fans geschildert: Er habe immer wieder viele Frauengeschichten, mit weiblichen Fans, die ihre Projektion leben wollten. Das sind natürlich extreme Beispiele, aber es zeigt in lebendiger Form, wie sich Medienbilder in Fantasien einschreiben und wie stark sich dabei Kopie und Original, Fiktion und Realität angleichen können.

hks Sehr spannende Beobachtungen, die Sie da aufzeigen, mit vielen Ansatzpunkten für weit ausführlichere Diskussionen. Der Aspekt des Marktes wäre sicherlich auch noch zu betrachten, im Falle der Look-alikes die Vermarktung des eigenen Aussehens zum Beispiel. In den Fragen nach der Strukturierung von Identitäten würde ich gerne noch eine anfügen, die sich auf Ihre künstlerische Position bezieht. Sie schreiben in einem eigenen Text: „Starting from a conceptual approach I follow a more improvised documentary working method allowing myself to get closer to the subject (…).“ Welche Schlüsse ziehen Sie – modellhaft, spekulativ oder möglicherweise utopisch – aus Ihrer künstlerischen Annäherung an das Subjekt?

pohle In meiner Kunst interessiere ich mich besonders für unsere kollektive Beziehung zu Filmbildern. Dabei haben mir Individuen oft als Beispiel gedient, wie Fiktion und Realität in einem ambivalenten Gefüge nebeneinander existieren, oder auch, wie Fiktion als eine vorher gelebte filmische Erfahrung in der Realität des Individuums wieder erfahren wird. Als Ausgangspunkt bzw. Methode, um Videomaterial für meine Arbeiten zu generieren, dienen mir immer einige Parameter, die den Rahmen schaffen, in dem ich agiere. Was dann in diesem geschieht, ist relativ offen, und es sind es eher Teile einer noch losen Struktur, die ich ahnend und in Improvisation verfolge und die sich dann später so zusammenfügen, als hätte ich schon vorher gewusst, was ich suchte. In der Annährung an das Subjekt als Thema, Person oder Ort findet auch eine Annäherung an einen Kern statt oder führt zu der Frage, warum ich eine Arbeit überhaupt machen will.
Das Gespräch führte Karin Görner.