Julian Irlinger

1986

travel scholarship der Hessischen Kulturstiftung 2019/2020:
Culver City, Kalifornien

Julian Irlinger interessiert sich für Bildpolitik und Präsentationsformen im Kunst- und Kulturkontext und fragt nach den Bedingungen der Kunstbetrachtung heute. Im Zentrum seiner Untersuchungen stehen der Wandel ästhetischer Wahrnehmung in Zeiten zunehmender Digitalisierung und seine Auswirkungen auf Ausstellungsbedingungen. Der Künstler verarbeitete Found footage, das er gesammelt, kategorisiert und neu arrangiert hatte, zu installativen Anordnungen, die die Zusammenhänge von Bildästhetik, Kunstproduktion und Ideologien erfahrbar machen.

Während seines Stipendienprojekts widmete Irlinger sich dem Einfluss von musealen Sammlungen auf unsere Erinnerungskultur. Exemplarisch befasste sich der Künstler mit dem wenig bekannten Wende Museum of the Cold War in Culver City bei Los Angeles. Das Museum wurde 2002 auf Initiative des Historikers Justinian Jampol gegründet und bewahrt Kunstwerke, Alltagsgegenstände, behördliche Dokumente und persönliche Aufzeichnungen von Zeitzeugen aus der ehemaligen Sowjetunion und der DDR. Dieser Sammlungsbestand war Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung des Künstlers mit institutioneller Sammlungspolitik und Fragen der Objektauswahl und den damit verbundenen Narrativen.

Julian Irlinger erarbeitete für das Museum in Culver City eine künstlerische Intervention: Fotografien aus seinem Privatbesitz, die von der Enteignung seiner Großmutter in der DDR und von der Rückübertragung in Familienbesitz nach der deutschen Wiedervereinigung erzählen, wurden in die Sammlung integriert und der amerikanischen Forschung zugänglich gemacht. Den Prozess der .berführung der Schenkung ins Museum hat Irlinger in einer Installation künstlerisch umgesetzt, die 2020 in der Berliner Galerie Wedding präsentiert wird. Die Ausstellung mit dem Titel Gift (dt.: Geschenk) beleuchtet in erster Linie den institutionellen Aneignungsprozess und die Kontextualisierung von Privateigentum. In Zusammenarbeit mit dem Verlag Spector Books ist eine Publikation in Vorbereitung.

Julian Irlinger im maecenas-Interview
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