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Paul Bonatz: Reichsautobahnbrücke über die Lahn bei Limburg, 1938-40 ©
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Paul Bonatz, Neckar-Staustufe in Ladenburg bei Mannheim, 1927-33 ©



der zwiespältige

Zwischen dem Neckar und dem Bosporus liegt – noch – Paul Bonatz’ bekanntestes Bauwerk, der 1927 in Betrieb genommene Stuttgarter Hauptbahnhof. Im Rahmen des heftig umstrittenen Großprojektes Stuttgart 21steht jetzt ein Teilabriss des kubistischen Gebäudes zugunsten eines unterirdischen Durchgangsbahnhofes bevor. Aus diesem Anlass bieten die monografische Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (DAM) sowie der begleitende Katalog Gelegenheit zu einer aktuellen architektur­historischen Betrachtung.

Paul Bonatz (1877–1956) war als einer der einflussreichsten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts ein Vertreter der ersten Stuttgarter Schule. Wie auch Paul Schmitthenner und Martin Elsaesser, die das DAM bereits in Einzelausstellungen porträtiert hat, prägte Bonatz mit einem eigenen, eher konservativen Ansatz die Avantgarden zwischen dem Kaiserreich und den frühen 1950er Jahren. Zu seinen Entwürfen zählen die Universitätsbibliothek Tübingen, die Wiesbadener Sektkelterei Henkell und das Kunstmuseum in Basel ebenso wie eine Reihe technischer Bauten, etwa Brückenbauten und einige Staustufen der Neckar-Kanalisation.

Sein monumentaler und gleichzeitig reformierter Baustil mach­te ihn für nationalsozialistische Bauprojekte interessant. Bonatz fungierte als Vertrauensarchitekt und Berater bei dem „Reichs­autobahnbau“, bis er 1943 mit dem NS-Regime brach und eine Auslandsreise in die Türkei zur Flucht nutzte. Während des folgenden Jahrzehnts nahm Paul Bonatz dort stilbildenden Einfluss auf zeitgenössische öffentliche Architekturaufgaben, baute die Staatsoper und eine Wohnsiedlung in Ankara und lehrte an der Technischen Universität von Istanbul.

Das DAM wird nach mehrmonatigen Umbauarbeiten mit der Retrospektive zu seinem Werk wiedereröffnet.

  • Paul Bonatz 1877 – 1956.
  • Leben und Bauen zwischen Neckar und Bosporus
  • 22. Januar bis 20. März 2011
  • Deutsches Architekturmuseum
  • Schaumainkai 43
  • 60596 Frankfurt am Main
  • Telefon 069 / 21 23 88 44
  • Öffnungszeiten Di, Do – So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr
  • www.dam-online.de