herbst 2018

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

mit einem Gedicht von Jan Wagner möchte ich Sie gerne auf den Spätsommer einstimmen. Zuvor gibt es noch das Erscheinen unseres neuen Geschäftsberichts 2017 anzukündigen: Sie können ihn unter info@hkst.de bestellen.

Ihre
Eva Claudia Scholtz
Geschäftsführerin

 

nature morte
jan wagner

ein großer fisch, gebettet auf eine zeitung,
ein tisch aus holz in einer hütte in
der normandie. ganz still, ganz warm – die luft
strickt wollene socken. du kannst ihn berühren oder
auch nicht, seine silbrigen schuppen gleich langen reihen
von noten einer kühlen symphonie. sein kopf
ist ab, sonst könnte, gesetzt den fall
daß fische lesen können, lesen,
was über seiner rückenflosse steht
und ihm souffliert: „was tun sie, diese leute?“
das licht entzieht sich leise, das papier
nimmt tropfenweise meere in sich auf.
au fond de l’image drischt der atlantik dröhnend
die jüngsten vermißtenanzeigen in den strand.

Aus: Jan Wagner: Selbstporträt mit Bienenschwarm. Ausgewählte Gedichte 2001–2015
© 2016 Hanser Berlin in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München