winter 2011

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

es ist vielleicht die wichtigste und die zukunftsweisende Formel dieser Zeit, wollte man zum Jahresende 2011 ein Ranking betreiben: We The People, wir sind das Volk, ist, in vielen Synonymen gesprochen, wieder aufgetaucht. Mit den Revolten gegen die alteingesessenen autoritären Regimes in den arabischen Ländern, den weltweiten Protesten gegen die Macht der Finanzmärkte, in Europa zudem angesichts der EU-Gipfelbeschlüsse zu drastischen Sparmaßnahmen und astronomischen Rettungsfonds, wurden die Forderungen nach Freiheit und demokratischer Teilhabe, nach wirtschaftlichen Reformen und sozialer Gerechtigkeit sowie Bildung und Ausbildung für alle formuliert.

Die weltweit aufgebrochenen Bürgerbewegungen zeigen, dass auch in den westlichen Wohlstandsgesellschaften eine wachsende Zahl von Menschen die Dominanz des Finanzkapitalismus und die von ihm ausgelösten Krisen nicht mehr akzeptiert. Die Frage, in welchen Gesellschaftsformen wir leben wollen, ist dringend geworden, neue Antworten müssen gesucht werden. Wir möchten Ihnen in der Winterausgabe unseres Newsletters insbesondere solche künstlerischen Auseinandersetzungen vorstellen, die auf diesem mühsamen Weg forschen und argumentieren. Der aus Vietnam stammende dänische Künstler Danh Vo bricht die natio-nale Repräsentationsfigur der USA auf, um sie nach dem gegenwärtigen Zustand der Freiheit zu befragen; zu sehen ist seine -aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel. Auch unser Stipendiat Att Poomtangon hat sich während seines Aufenthaltes in New York intensiv mit der US-amerikanischen -Gesellschaft und ihrer internationalen Rolle als Polit- und Wirtschaftsmacht beschäftigt. Die Arbeiten von Douglas Gordon schließlich, die das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt ab Mitte November in einer großen Werkschau präsentiert, setzen an psychosozialen Prozessen des Körpers an; seine Analysen zielen auf grundlegende Wahrnehmungsmuster in unserer Alltagskultur.

Mit relevanten Umbruchphasen in der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte befassen sich zwei weitere Förderprojekte: Der Bestandssicherung dient der Ankauf einer umfangreichen Manuskript- und Briefsammlung mit Quellen aus dem Umfeld deutscher Romantiker für das Freie Deutsche Hochstift. Skulptur, Zeichnung und Druckgrafik an der Wende zum darauffolgenden Jahrhundert stehen in den Rüsselsheimer Opelvillen zur Diskussion.

Jetzt ist es wieder Zeit, aktiv zu werden und auf allen Ebenen -Politiken zu überdenken, die – konzentriert auf Management und Verwaltung – ideelle Ausrichtungen aus dem Blick verloren haben. Werden wir aktiv und fragen, welchen Idealen wir folgen wollen.

Ihre
Claudia Scholtz
Geschäftsführerin